Auf der Fähnrichstube.

Eine Weihnachtshumoreske von Graf Günther Rosenhagen.
in: „ „Ohligser Anzeiger” Nr.152 vom 28.12.1893 Seite 1-3


Mit großen Schritten durchmaß der Fähnrich von Aßberg seine Kasernenstube: es war ein unfreundlicher, nur wenig möblirter Raum, ein eisernes , schmales Bett, eine Kommode, die nach ihrem Aussehen zu schließen schon zur Zeit der Griechen und Römer gedrechselt sein mußte, ein alter, wackliger Kleiderschrank, dessen Thüren jedem Versuch sie zu schließen, Hohn sprechen, ein Waschtisch allereinfachster Art und zwei Stühle, deren Rohrgeflecht sich nicht erinnern konnte, jemals heil gewesen zu sein; das war Alles. Vier kahle Wände, stellenweise mit einer schäbigen Tapete bekleidet, vervollständigte die stilvolle Einrichtung.

Schon zum zehntausendsten Mal war Aßberg auf seiner Rundreise durch sein Gemach vor der Stubenthür angelangt, die ihm noch nie so unchön und überflüssig erschienen war, wie heute. Schon zehntausend Mal hatte er die Hand ausgestreckt, um sie zu öffnen und ins Freie zu eilen, aber ebenso oft hatte er die Hand im letzten Augenblick wieder geschlossen und sie fest in seine Tasche vergraben, um nach 62 3/7 Sekunden — solange brauchte er für seine Wanderung — den Kampf von Neuem aufzunehmen.

„Hol der Teufel die ganze Geschichte,” brummte er endlich mit allen Anzeichen des höchsten Unwillens und des größten Unbehagens vor sich hin, „hol der Teufel die ganze Geschichte und unsern Obersten an der Spitze. Muß der mir denn auch gerade gestern in den Weg laufen, als ich zum ersten Mal in meinem Leben das Verbot überschritt und in Civil ausging. hat man denn als Soldat nicht einen Augenblick vor seinen Vorgesetzten Ruhe? Muß man denn überall darauf gefaßt sein, sie anzutreffen, selbst wenn man im strengsten Inkognito durch die Straßen der Stadt eilt? Zweiundsiebzig Stunden Stubenarrest ist der Lohn dafür, daß ich gestern der schönen Clara mein Wort hielt und sie noch einmal vor ihrer Abreise aufsuchte. Undank ist der Welt Lohn, ich habe es ja immer gesagt, und nie wieder, so lange ich lebe, will ich mich um die Mädchen kümmern, mögen sie ohne mich glücklich werden.”

„Das heißt,” fuhr er nach einigem Besinnen fort, als er sich, in Gedanken versunken, fast an der Kommode gestoßen und ihr in seiner Wuth einen Fußtritt versetzt hatte, daß sie laut aufstöhnend zusammenbrach, „eigentlich ist Clara doch unschuldig an der ganzen Sache: Was kann sie denn dafür, daß mir dieses Rindvieh von einem Obersten — na überhaupt die Vorgesetzten, das ist eine feine Familie! Hätte ich die früher gekannt, ich glaube, keine Macht der Erde hätte mich in den bunten Rock hineinbekommen, wenn ich nicht schon von Kindheit an drinn gesteckt hätte.”

Wieder setzte er seinen Spaziergang fort: „Drei Tage Stubenarrest, das klingt so gemüthlich,immer in der warmen Stube sitzen, keinen Dienst thun, ordentlich ausschlafen, sich von den Strapazen erholen, an und für sich ist die Sache gar nicht so schlimm, aber daß ich gerade heute festsitzen muß, gerade heute, am Weihnachtsabend, das ist es, was mich rasend macht.”

Er hatte den Stiefelknecht ergriffen und warf ihn, um sein Herz zu erleichtern, mit solcher Gewalt gegen die Thüren des Kleiderschrankes, daß sie sich zum ersten Male in ihrem Dasein für einen Augenblick schlossen.

Er warf sich auf sein Bett und grübelte über seine Lage nach.

Weihnachtsabend! Zum ersten Male in seinem Leben sollte er den Tag nicht mit seinen Angehörigen zusammen feiern, sein Urlaubsgesuch hatte aus dienstlichen Gründen abgeschlagen werden müssen; war denn der Dienst überhaupt nöthig, würden sich Offiziere und Mannschaften nicht viel wohler und glücklicher ohne denselben fühlen? „Tröste Dich, mein lieber Sohn, ” hatte die Mutter ihm geschrieben, „Du wirst das Fest mit Deinen Kameraden zusammen begehen, die Kameradschaft, die Dir die Familie ersetzen soll, wird Dich die Trennung leicht überstehen lassen und Dir den Abend angenehm gestalten.” Die gute Mutter, sie ahnte nicht das Unglück, das über ihren Sohn hereingebrochen war, sie durfte es auch nicht ahnen, wenn er nicht einen bitterbösen Brief heraufbeschwören wollte, denn die Schuld lag einzig und allein doch nur an ihm, das mußte er sich doch schließlich eingestehen, so schwer es ihm auch wurde.

Der Weihnachtsabend, auf den er sich seit so langer Zeit gefreut, den er herbeigesehnt hatte, war hereingebrochen. Aber statt des strahlenden Kerzenschmucks, den er erhofft, leuchtete ihm nur trübe und flackernd die alte Lampe. Wenn er nur wenigstens seinen Burschen noch gehabt hätte, damit er neues Oel besorgen könnte, aber wie immer, wenn er nöthig war, glänzte er durch seine Abwesenheit: es war zum Rasendwerden. Schuld an Allem war doch nur der Oberst, wie er ihn haßte, diesen Menschen, nie, nie wieder würde er ihn fortan auf der Straße grüßen — wenn er nicht müßte und jede Auflehnung dagegen nicht eine Thorheit wäre!

Er hatte die Augen geschlossen und versuchte zu schlafen, aber der Schlummer floh ihn. Deutlich klangen von den Kirchen die Glocken zu ihm hinüber und ihr eherner Klang verkündete von Neuem: Der Christ ist erstanden! War es schon so spät, schon sieben Uhr? Ob die Bäume wohl schon brannten? Er war von seinem Lager aufgesprungen, hatte die Fenster geöffnet und sich weit hinausgelehnt, da fiel ihm plötzlich das Wort des Gesetzes ein: „Wer als Stubenarrestant sich am Fenster zeigt, wird mit Dienstentlassung bestraft.”

Schnell zog er sich zurück und schloß die Fenster, waren denn die Gesetze nur geschrieben, um ihn heute Abend zur Verzweiflung zu bringen, sollte und durfte er heute denn gar nicht Theil nehmen an den Weihnachtsfreuden? War denn sein Vergehen so schlimm, daß er es so bitter büßen mußte? Er hatte den Kopf in die Hand gestützt und starrte dumpf brütend vor sich hin. Aber plötzlich horchte er auf: Aus der Mannschaftsstube, von der er nur durch eine dünne Wand getrennt war, ertönte das Weihnachtslied. Er wußte, nun waren sie Alle, die gleich ihm fern von den Ihrigen waren, um den Tannenbaum versammelt und lauschten den Worten: „Stille Nacht, heilige Nacht.” Erst leise, dann immer mächtiger anschwellend erklang das Lied, in gewaltigen Tönen brauste es zum Himmel hinauf, zur Ehre und zum Lobe dessen. der uns über Alles geliebet — Weihnachten! Mit geheimnißvollem Zauber ergreift uns das Wort, eine heilige Scheu, ein heiliges Empfinden bemächtigt sich unserer, wer kann die Wonne schildern, die uns bei dem Anhören des Weihnachtsliedes durchdringt? Man wird zurückversetzt in die Zeit, da man noch ein Kind war, kindlich dankbare Gefühle ergreifen uns, Freude und Schmerz zugleich herrschen in unserem Herzen — und unsere Gedanken weilen bei den Lieben, mit denen wir so oft am brennenden Tannenbaum vereinigt waren.

„Guten Abend, Aßberg, nun Sie Armer, leben sie noch?”

Zwei Offiziere haben das Zimmer des Arrestanten betreten und sich vergeblich in dem dunklen Raum nach der „Rübe”, wie der Fähnrich im Regiment heißt, umgesehen.

„Weiß Gott, ich glaube, er schläft, ” brummte der dicke Kramsta vor sich hin, als er ein Streichholz entzündet unnd den Gesuchten auf seinem Bett fand, „weiß Gott, der Knabe schläft.”

„Was soll er auch Besseres thun?” fragte Emil, mit dem Beinamen der Schöne, „schlafend überwindet man die schwierigsten Sachen mit der spielendsten Leichtigkeit, nun aber wollen wir ihn wecken, bevor wir hier oben gesehen werden.”

Der dicke Kramsta hatte sich dem Schlafenden genähert und ihn an der Schulter gefaßt:

„Aßberg, Knabe, wachen Sie auf, das Christkind ist da.”

Seine Stimme klang wie das Rauschen und Wogen des Meeres, aber der Schläfer hörte es nicht.

„Aßberg, Mensch, Rübe, wachen Sie auf, wir wollen Weihnachten feiern.&rdquo,

Nun endlich öffnete er die Augen und bemerkte die beiden Offiziere. Mit einem Ruck sprang er in die Höhe und stellte sich in strammer militärischer Haltung hin: „Zimmer Nr. 137 ist belegt mit einem Portepeefähnrich.”

„Machen Sie nur keinen Blödsinn und erstatten Sie Ihre hochinteressanten, dienstlichen Meldungen wem Sie wollen, nur nicht mir,” bat der schöne Emil, „ziehen Sie sich rasch an und kommen Sie in das Kasino herunter. Aber leise, leise, stiller Weise, wenn Sie Jemand sieht, sind Sie ein todter Mann.”

„So,” sagte der dicke Kramsta, als der Fähnrich fünf Minuten später das Kasino betrat und von dem hellen Schein des mit unzähligen Kerzen besetzten Tannenbaum wie geblendet dastand: „So, Rübe, nun feiern Sie nur erst Weihnachten und versprechen Sie angesichts dieses schönsten aller Bäume, daß Sie in Zukunft ein besserer Mensch werden wollen —, und dann kommen Sie her und spielen Sie mit uns einen Skat: Es ist zwar eine niederträchtige Weihnachtsfeier, aber was soll man machen? Weib und Kind hat man nicht, und still sitzen und zurückdenken an die, die vor uns dahingegangen sind und deren Lager der Himmel jetzt mit dichtem, dichtem Schnee bedeckt! —, ich kann's nicht, wenigstens nicht am Weihnachtsabend, wo einem sowieso das Herz immer schwer ist und man darüber klagt, daß man so ganz allein auf der Welt dasteht, daß man nicht einen einzigen Menschen hat, der sich um uns kümmert und sich unserer annimmt.”

Er strich sich mit der Hand durch den dichten Schnurrbart und versuchte seiner Erregung, die ihn wider Willen ergriffen, Herr zu werden.

„Und nun, Fähnrich, Sie geben.”

Aßberg hatte den beiden Offizieren gegenüber Platz genommen und sah erstaunt und überrascht von dem Einen zum Andern. Endlich faßte er Muth:

„Dürfte ich den Herrn Lieutenant vielleicht fragen — ich verstehe nicht — mein Arrest.”

„Um Gottes Willen, nicht so laut,” befahl der schöne Emil, „wenn uns Jemand hörte! Die Sache ist nämlich die: Wir kommen Alle in des Teufels Küche, wenn es herauskommt, daß Sie hier unten sind. Aber wir beiden armen Menschen sind heute Abend ganz allein, da dachten wir, weil heute Weihnachtsabend ist und wir da ja vor jeder Ueberraschung sicher sind —”

In demselben Augenblicke wurde die von der Straße in den Kasinogarten führende Pforte laut zugeworfen, und man konnte deutlich hören, wie ein Säbel auf der hart gefrorenen Erde aufschlug.

Alle hielten gespannt den Athem an. „Wer mag das sein?”

Eine innere Unruhe und Angst ergriff sie; wer war der späte Besucher, ein Vorgesetzter, ein Kamerad? Selbst in dem letzteren Falle war man nicht sicher, man konnte doch nie wissen, wie die älteren Kameraden diese Dienstüberschreitung auffassen würden.

Dem armen Aßberg stand der dicke Angstschweiß auf der Stirn.

„Herr Lieutenant, soll ich nicht lieber nach oben gehen?”

„Damit Sie Unglückswurm zum zweiten Male einem Vorgesetzten in den Weg laufen? Hier bleiben, abwarten. Aber besser ist besser.”

Er hatte sich leise erhoben und die Thüren zugeschlossen. „So, vor einem plötzlichen Ueberfall sind wir sicher, und wenn der Besuch zu uns kommt, verschwinden Sie hinter der Portière in der Thürnische, habe mich immer über diese dumme Bauart geärgert, nun hat es vielleicht doch noch sein Gutes.”

„Zu Befehl, Herr Oberst, die Herren sind im kleinen Eßzimmer, es sind nur Herr Lieutenant vom Kramsta und Herr Lieutenant von Baumgart da.”

„So, dann danke ich Dir, mein Sohn.”

Deutlich unterschied man die Stimme des Vorgesetzten, eine furchtbare Angst ergriff Alle, bleich wie der Tod floh der Fähnrich auf den Fußspitzen in das ihm angewiesene Versteck, während Kramsta leise die Thür aufschloß, um keinen Argwohn zu erregen, und dem Vorgesetzten entgegenging:

„Wünsche gehorsamst einen guten Abend, Herr Oberst.”

„Danke, gleichfalls, mein lieber Kramsta, ist das aber ein Wetter, hätte ich das gewußt, wäre ich vielleicht doch zu Hause geblieben.&rdquo,

„Und was verschafft uns die Ehre des Besuches?” fragte Baumgart, während der Oberst sich an dem Kaminfeuer die Hände erwärmte und Kramsta mit einer schnellen und geschickten Handbewegung die auf dem Tische liegenden Karten ineinander schob.

„Der Dienst, meine Herren, der Dienst. Sie ahnen nicht, was man jetzt für eine Unmenge zu thun hat. Dann sind auch die Reifezeugnisse des Fähnrichs von Aßberg gekommen. Ist ein infamer Schlingel, hat es eigentlich nicht verdient, daß die Papiere zufällig gerade heute kommen und ich ihn nolens volens noch heute zum Degenfähnrich machen muß.”

„Wird der sich aber freuen!” bemerkte Kramsta.

Der Oberst sah ihn lächelnd an: „Glauben Sie? Nun, meine Frau dachte ebenso, Sie wissen ja, wie die Damen sind, ihr gutes Herz geht immer mit ihnen durch, na, sie hat mich dann so lange gebeten, bis ich selbst gekommen bin, seine Strafe aufzuheben. Ist ja wahr, wenn ich daran denke, daß vielleicht auch mein eigener Sohn — na, wollen's nicht hoffen! Ach, Herr Lieutenant Baumgart, wären Sie vielleicht so liebenswürdig, sich nach oben zu bemühen und mir den Fähnrich herzuschicken?”

„Zu Befehl, Herr Oberst.”

So nun schlägt's Dreizehn, dachte Aßberg, als der Offizier das Zimmer verlassen hatte. „Wie wird das enden?”

„Wie wird das enden?” stöhnte Kramsta in Gedanken.

„Was sag ich bloß?” jammerte Baumgart, der sich gar nicht erst die Mühe machte, die Treppen zu ersteigen, sondern den heißen Kopf gegen die kalte Glasscheibe gelehnt, vergeblich über eine Ausrede nachsann.

„Was wird er wohl sagen?” fragte der Oberst, während er im Zimmer auf und abging, „wissen Sie, ich freue mich doch, daß die Papiere heute Abend gekommen sind. Leid thut mir der junge Mensch doch, gerade am Weihnachtsabend, hätte ihm die Strafe fast heute Mittag schon geschenkt, wenn ich nicht gefürchtet hätte, schwach zu erscheinen. So ist es besser.”

„Zu Befehl, Herr Oberst.”

Da trat Baumgarten wieder in den Eßsaal, vergebens hatte er sich den Kopf zerbrochen, ihm war keine Ausrede eingefallen.

„Der Fähnrich ist nicht in seinem Zimmer.”

„Nicht in seinem Zimmer?” wiederholte der Oberst mit allen Anzeichen des höchsten Erstaunens, „nicht in seinem Zimmer, wo denn? Sollte er sich sicher gefühlt haben und ausgegangen sein? Der Spaß könnte ihm doch theuer zu stehen kommen. Wissen Sie, meine Herren, etwas über den Fähnrich?”

„Mir gerade unerklärlich,” verneinte Kramsta, während Baumgart ein „Vollständig räthselhaft” vor sich hinmurmelte.

Der Oberst hatte seine Mütze ergriffen und schickte sich an, selbst nachzuforschen: „Vielleicht begleiten die Herren mich nach oben.”

Laut fiel die Thür hinter ihnen zu, nun galt es Alles, standen doch der Abschied und die strengsten Strafen darauf, wenn er nicht in seinem Zimmer vorgefunden wurde.

Drei Treppen waren es, die zu seiner Stube hinaufführten und darauf baute Aßberg seinen Plan. Kaum hatten die drei Herren das Zimmer verlassen, als er leise hinter ihnen herschlich, bis er sie um den ersten Treppenabsatz verschwinden sah. Dann stürmte er mit aller Gewalt die Treppen in die Höh, an dem Vorgesetzten vorbei.

„Nanu, kann der Lümmel denn nicht die Augen aufmachen?” klang des Obersten Stimme hinter ihm her. Gott sei Dank, er war nicht erkannt! Wie ein gehetztes Wild floh er weiter, nun hatte er den Korridor erreicht, schon während des Laufens hatte er Rock und Halsbinde gelöst und eine halbe Minute später lag er halb ausgekleidet im Bett. So, nun mochte der Oberst nur kommen.

Jetzt klangen die Schritte auf den Fliesen und gleich darauf ward die Thür geöffnet.

„Alles dunkel,” sagte die Stimme des Obersten, „unfaßlich, sollte er wirklich ausgegangen sein? Hat einer von den Herren vielleicht ein Streichholz bei sich?”

Alle verneinten, da sah man draußen die Dielenlampe brennen.

„Ach bitte, Herr von Kramsta, wollen Sie bitte einmal die Lampe herunternehmen, vielleicht finden wir irgend einen Anhalt.”

Einen Augenblick später beleuchtete der Schein der Lampe die Züge des Schlafenden, der sich, von dem Licht der Lampe geblendet, unruhig hin- und herwarf und endlich, nachdem er seine Rolle meisterhaft durchgeführt hatte, die Augen aufschlug und die Offiziere verwundert musterte, um endlich mit der dienstlichen Meldung aus dem Bett zu springen: „Stube Nr. 137 ist belegt —”

„Lassen Sie es gut sein, mein Lieber,” sagte der Oberst, „ich habe einen schweren, ungerechten Verdacht gegen Sie gehegt, die Dunkelheit, die hier herrschte, mag daran Schuld sein. Ich freue mich, Ihnen mittheilen zu können, daß Ihre Papiere gekommen sind. Sie erhalten die Erlaubniß, das Offiziersseitengewehr anzulegen, Ihre Strafe hebe ich hiermit auf. Und nun, mein Lieber, kleiden Sie sich an und kommen Sie in das Kasino herunter, Sie werden sich gewiß schon nach dem Weihnachtsbaum gesehnt haben.”

„Zu Befehl, Herr Oberst.”

Wenige Minuten später klangen die Gläser aneinander.

„Donnerwetter,” sagte Aßberg, als der Oberst sich entfernt hatte, „an diesen Weihnachtsabend will ich denken mein Leben lang, nie wieder verlasse ich mein Zimmer, wenn ich Arrest habe, die Angst liegt mir noch in den Gliedern.”

„Glauben Sie etwa mir nicht?” fragte Kramsta, „nun aber freuen Sie sich der goldenen Freiheit und des schönen Tannenbaumes. Es ist merkwürdig, aber wahr: „So arm und verlassen ist doch Keiner, daß er nicht am Weihnachtsabend irgend eine Freude empfindet und wenn es auch nur die über das Glück seiner Nächsten ist!”


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