Theater-Annonce

Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht

Aufführungen am 19.Dez. 1902,
4., 14., 20., 28.Jan., 28.März 1903 im Stadttheater zu Schleswig unter der Direktion von Leopold Friedrich Weiß.

 

Besetzungsliste:

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Herr Otto de Nolte sen.
Herr Carl Schneider
Frl. Gertrude Mangelsdorf
Herr Gustav Gollbach
Frl. Elly Förster
Herr Ludwig Beckmann
Herr Oskar Linke
Herr Ernst Keißling
Herr Otto de Nolte jun.
Frl. Lisa Lorm
Frl. Rosa Zucker



Frau Clementine Sachs








Herr Gustav Gollbach


In der Nummer 299 von Dienstag, dem 23. Dezember 1902, der „Schleswiger Nachrichten” kann man unter dem Titel „Stadttheater” folgenden Artikel lesen:

Freitag, den 19. Dezember: „Im bunten Rock”, Lustspiel in 3 Aufzügen von Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht.

Der gestrige Abend brachte uns abermals eine Novität, welcher man mit berechtigter Spannung entgegensehen konnte, einestheils wegen der überaus günstigen Urtheile über die Aufführung in Berlin und anderntheils wegen der Person des zuletzt genannten Mitverfassers. Unter dem nom de guerre Freiherr von Schlicht verbirgt sich bekanntlich ein Schleswiger Kind und ehemaliger Offizier des hier garnisonirenden Infanterie-Regiments von Manstein, Graf Wolff von Baudissin in Dresden, in der litterarischen Welt hinlänglich bekannt durch seine Militärhumoresken.

Graf Baudissins Empfinden wurzelt auch jetzt noch, obwohl er längst den bunten Rock ausgezogen hat, auf das innigste in militärischem Boden, das beweisen seine vielen Schriften, die fast ausschließlich militärisches Gepräge tragen und militärischen Geist athmen. Ausgestattet mit einer feinen Beobachtungsgabe weiß er alle Vorzüge und Schwächen des Kasernenhofes, den er mit Vorliebe zum Tummelplatz seiner Muse macht, sowie des ihn belebenden Elementes, vom General herab bis zum jüngsten Rekruten, herauszufinden und so stellt er uns Szenen und Figuren vor Augen, die nichts an Realistik zu wünschen übrig lassen, mag er sie nun mit dem Auge des Dichters liebevoll betrachten oder mit oft scharfem Sarkasmus überschütten.

Der Erfolg unseres Landsmannes läßt es begreiflich erscheinen, daß er auch einmal einen Versuch auf den Brettern macht, welche die Welt bedeuten. Unter der Assistenz eines alten Routiniers, des Herrn von Schönthan, hat er ein Lustspiel verfaßt, das sich „Im bunten Rock” betitelt und, wie schon sein Name sagt, die Uniform und den Säbel zum Mittelpunkt hat. Der erste Schritt ist geglückt, wunderbar gut geglückt. Was uns geboten wurde, ist lebensfähige Waare, die unsern Landsmann sicherlich zum weiteren Beschreiten des mit so großem Erfolge eingeschlagenen Weges veranlassen wird.

„Im bunten Rock” setzt sich etwas mager zusammen aus einigen Liebeleien, in deren Mittelpunkt eine reiche, vielumworbene amerikanische Wittwe und ein kgl. preußischer Husarenleutnant stehen. Um diese gruppiren sich mehrere recht sorgfältig ausgearbeitete Figuren: ein Einjährig-Freiwilliger, ein verkrachter Assessor, der väterliche Fabrikant, eine junge Dame, die aus einer Familie stammt, in welcher „die Mutter der einzige Civilist” war, eine Exzellenz General, der Sergeant, die Zofe, das Dienstmädchen usw. usw. Mit viel drolligem Beiwerk kommt hieraus eine überaus lebhafte, von Anfang bis zu Ende fesselnde Handlung zustande, die mit vielen köstlichen Witzen gespickt ist. Das militärische Milieu bietet hierfür ja Stoff genug und Graf Baudissin ist darin zu Hause. Die Erfahrungen seines Compagnon haben dann wohl zu dem Text die hübschen bühnenwirksamen Szenen geschaffen, welche dafür sorgen, daß man sich nicht einen Augenblick langweilt. Das Publikum - die Logen waren voll besetzt - war denn auch von Anfang an begeistert und klatschte schon bei offener Szene im ersten Akt. Nach jedesmaligem Fallen des Vorhanges und namentlich am Schlusse des Stückes erscholl stürmischer Beifall. Es war ein unbestrittener schöner Erfolg.

Die Künstlerschaar unseres Stadttheaters war fast vollzählig aufgeboten, außerdem aber noch eine halbe Compagnie Infanterie, welche in dem Manöver des 3. Aktes mitthat. Auch über das Spiel war man allseitig des Lobes voll. Zuerst ist Fräulein Mangelsdorf zu nennen, welche ihre Rolle als amerikanische Wittwe ganz suberb durchführte. Nur mit dem deutsch-amerikanischen Dialekt haperte es mitunter, doch wollen wir ob der sonstigen vortrefflichen Leistung gern darüber hinwegsehen. Ihr stand ebenbürtig zur Seite Herr Gollbach als flotter Husarenleutnant von Hohenegg, der ein ganzer Soldat und ein vornehmer, liebenswürdiger Cavalier war. Gleich vortrefflich markiert war auch der Einjährig-Freiwillige des Herrn Carl Schneider und anziehend wie immer Frl. Förster als Betty von Hohenegg, für die es außer ihrem Einjährigen Hans nur zwei Ideale giebt: das Colosseum in Rom bei Mondschein sehen und sich von einem Kgl. preuß. Leutnant in Berlin die Cour schneiden lassen. Vorzüglich waren ferner Herr Otto de Nolte sen. als Fabrikant Wiedebrecht, Herr Ludwig Beckmann als Assessor a.D. von Gollwitz, Herr Otto de Nolte jun. als Sergeant Krause, Herr Oskar Linke als Divisionskommandeur von Troßbach. Kleinere Rollen, wie die der Zofen Susanne und Jeanette, der Köchin Minna, des Justizraths Rösler lagen bei den Damen Lisa Lorm, Rosa Zucker und Clementine Sachs, bei Herrn Ernst Kießling in guten Händen.

Eine besondere Überraschung bot diesmal die Spielleitung (Herr Gollbach) mit einer fast vornehm zu nennenden Ausstattung, welche gegenüber der bisherigen Dürftigkeit allgemein angenehm auffiel. Der Gesammteindruck mußte demnach ein vortrefflicher sein, und er war es auch. Wir glauben, daß Herrn Direktor Weiß nun endlich ein zugfähiges Stück zugefallen ist, das ihm hoffenlich recht oft das Haus füllen wird.


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© Karlheinz Everts