Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht

Aufführungen im Stadt-Theater zu Altona am
15., 18., 21., 26., 30.Okt., 5., 8., 16.Nov., 8., 23.Dez. 1908

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„Hamburger Echo”vom 15.10.1908

Besetzungsliste:

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Willy Wilhelmi
Hans Sternberg
Frau Hermine Straßmann-Witt
Hermann Gotthardt
Ella Kobold
Paul Bach
Otto Eppens
Paul Geißler
Emil Chony
Grete Ferron
Anni Vara
Louise Vanini
Georg Finner
Hedwig Schönfeldt
Frl. Cavally
Franz Bellers

Iwo v. Lonjay
Alfred Sassen
Carl Loré
Hermann Binder
Ludwig Auspitz
Heinrich Breitner
Otto Eppens


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„Hamburger Fremdenblatt” vom 15. Okt. 1908:

Altonaer Stadt-Theater. Donnerstag geht das an vielen Theatern mit großem Erfolg gegebene dreiaktige Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz von Schönthan und Freiherrn von Schlicht in trefflicher Besetzung erstmalig an dieser Bühne in Szene.

„Hamburger Fremdenblatt” vom 17. Okt. 1908:

Stadt-Theater in Altona. Im bunten Rock.
Hätte man über die sogenannten, anderwärts bereits abgespielten „Novitäten” des Stadt-Theaters ein Klagelied anstimmen wollen, so hätte es vor der Aufführung der letzten Neuinszenierung geschehen müssen, denn die gestrige Aufführung des liebenswürdigen Lustspiels der Herren Schönthan und Schlicht: „Im bunten Rock” macht jeden Vorwurf zunichte. Bei vorzüglicher Besetzung und überaus flottem Spiel schien das heitere Stück sich neu zu schaffen. Dieses Lustspiel ist so recht ein Schulbeispiel dafür, was geschickte Theatermache hervorzubringen imstande ist, denn eigentlich neu ist fast nichts an dieser Arbeit, die es auf allen deutschen Bühnen zu einem großen Erfolge gebracht hat und auch jetzt noch ihre große Zugkraft bewahrt. Die Situationskomik ist vom Geiste des alten Töpfer erfüllt, die Figuren sind echte Kinder Mosers, hin und hergeschoben werden die Gestalten von Schönthan, einen Teil des militärischen Humors hat Schlicht einfließen lassen. Aber es ist doch ein Ganzes daraus geworden, und durch das ganze Stück geht ein Zug breiter Behaglichkeit, der noch lange wirksam bleiben wird.

Für die allerdings dankbare, aber große Ansprüche an Figur und Talent der Künstlerin stellende Rolle der Mistreß Clarkson, wird man schwer eine geeignetere Vertreterin finden können als Frau Straßmann-Witt. Ehe die Dollarprinzessin auf der Bildfläche des Lustspieles erscheint, wird ein grenzenloses Aufheben von ihrer Schönheit, Grazie, Eleganz und Liebenswürdigkeit gemacht, so daß die Erwartungen der Zuschauer in die höchste Spannung emporgetrieben werden. Frau Straßmann war in der glücklichen Lage, alle Erwartungen erfüllen zu können. Sie bot wirklich ein Bild strahlender Schönheit und Eleganz und bewegte sich mit einer solchen Grazie, daß sie notwendigerweise nicht nur das Herz des flotten Leutnants auf der Bühne, sondern alle für fein pointierte Kunst und Schönheit empfänglichen Gemüter im Hause mit sich reißen mußte. Zudem sprach sie ihr Englisch mit so vorzüglichem Akzent, und das Deutsche mit solcher Drôlerie, daß man nicht müde wurde, sich an dieser prächtigen Leistung zu erfreuen. Die Künstlerin war, trotz aller sprühenden Laune, in jeder Bewegung die Dame von Welt und hatte auch äußerlich dafür gesorgt, die Dollarprinzessin glänzend zu repräsentieren. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß der Löwenanteil des Beifalls auf das Konto der Frau Straßmann kommt. Sie hatte aber auch in Herrn Gotthardt einen Partner gefunden, der nicht weniger auf der Höhe seiner Aufgabe stand. Es ist geradezu erstaunlich, wie vorzüglich dieser Künstler sich in den letzten beiden Jahren entwickelt hat. Aus der Rolle des Hohenegg holte er gestern alles heraus, was nur darin war, und legte aus eigenem das Doppelte zu. Wollte man für die prächtige Leistung eine ganz kurze Kennzeichnung finden, so müßte man sagen: Temperament, durch Kunst gezügelt. Mit einer schneidigen Erscheinung paarte sich sprühendes Feuer und ein künstlerischer Ernst, der auch für weit bedeutsamere Rollen ausgereicht hätte. Von einer großen Zahl weiterer guter Leistungen wäre noch zu berichten, doch können nur die wichtigeren Erwähnung finden. Der General des Herrn Eppens ward zu einer packenden und sympathischen Figur. An Humor ließen es die Herren Wilhelmi als Vater und Sternberg als Sohn Wiedebrecht nicht fehlen. Fräulein Kobold mimte ein forsches allerliebstes Soldatenkind, einen waschechten Sergeanten, der die Herren Leutnants in den Parkettlogen in lachendes Entzücken versetzte, gab Herr Chony, und den unglücklichen Gollwitz, eine Figur, die bei den Verfassern etwas zu kurz gekommen ist, in froher Laune Herr Paul Bach. Die Regie dieser wohl gelungenen Aufführung führte Herr Eppens.
          Ph. B.

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© Karlheinz Everts